Full English - A Collection Of Traditional British Folk Songs ist ein Album des englischen Folk Musikers Mat Williams. Der Multi-Instrumentalist hatte bereits einen erheblichen Anteil an der Produktion der beiden Nursery Rhyme Collections und ebenso der deutschsprachigen Neuen Liedersammlung. Auf unseren Seiten finden sich die Original-Texte aller Songs, ausführliche Hörbeispiele, deutsche Übersetzungen und weitere Erläuterungen. Viel Spaß damit!
Über den Künstler und das Album (alle Lieder und viele Hintergrund-Informationen): Mat Williams - A Collection Of Traditional British Folk Songs
Do ye ken John Peel with his coat so gay?
Do ye ken John Peel at the break of day?
Do ye ken John Peel when he’s far away
With his hounds and his horn in the morning?
Twas the sound of his horn brought me from my bed
And the cry of his hounds has me oftimes led,
For Peel’s view holloa would wake the dead
Or a fox from his lair in the morning.
Do ye ken that hound whose voice is death?
Do ye ken her sons of peerless faith?
Do ye ken that a fox with his last breath,
Cursed them all as he died in the morning?
Yes, I ken John Peel and auld Ruby too,
Ranter and Royal and Bellman so true,
From the drag to the chase, from the chase to the view,
From the view to the death in the morning.
And I’ve followed John Peel both often and far,
Over the rasper fence and the gate and the bar,
From Low Denton Holme to the Scratchmere Scar
When we vied for the brush in the morning.
Then here’s to John Peel with my heart and soul
Come fill, fill to him a brimming bowl,
For we’ll follow John Peel thro’ fair or thro’ foul
While we’re waked by his horn in the morning.
Do ye ken John Peel?
Do ye ken John Peel when he’s far away
With his hounds and his horn in the morning?
Words & Music: Traditional,
arranged & performed by Mat Williams
Inzwischen hat auch Mats älteste Tochter Briony ihr erstes traumhaft schönes Acoustic Folk Album Solstice auf unserem Label veröffentlicht, das wir auf unseren Seiten ungekürzt und völlig kostenlos zum Streamen anbieten, incl. aller Texte, deutscher Übersetzung und sprachlichen Anmerkungen. Die englische Sprache in ihrer schönsten Form: Das Acoustic Folk Album Solstice von Briony Williams
Dies ist ein weiteres Beispiel für den eher ungewöhnlichen Fall eines Folksongs mit einem bekannten Autor. Auch der Titelheld John Peel war eine reale Person, ein Jäger aus der Gegend von Cumbria - eine Grafschaft im Nordwesten von England, direkt an der schottischen Grenze. Das wiederholt benutzte Wort “ken” anstelle des üblichen Wortes “know” deutet auf die englisch-schottische Grenzregion hin. Interessanterweise ist dieses schottische Wort phonetisch sehr nah mit unserem deutschen Wort "kennen" verwandt. Der Text stammt von John Peels Freund John Woodcock Graves, der seine Strophen auf die alte Melodie “Bonnie Annie” sang. Ohne Zweifel war Peel ein hochbegabter Jäger, zu Fuß und zu Pferd und dieser muntere Song ist sein Denkmal.
Wie bei allen in sich geschlossenen Gruppen, die durch ein gemeinsames Interesse miteinander verbunden sind, haben auch die Jäger ganz eigene Gepflogenheiten und einen eigenen Jargon voller potentieller Fettnäpfchen für Nicht-Eingeweihte. Jagdhunde sind “hounds” und niemals “dogs” und die Reiter, denen es gestattet ist, rote Mäntel zu tragen, sind in “Jagd Pink” gekleidet - unter Missachtung aller allgemeinen Sinne, denn diese Farbe ist offenkundig scharlachrot. Es müssen eigens gefertigte Stiefel getragen werden - “Mahogany Tops”. Niemand scheint zu wissen warum, man macht es einfach.
Einige Textpassagen sind leicht missverständlich. “Peel’s view holloa would wake the dead or a fox from his lair in the morning.” Wenn “view holloa” bedeutet, dass der Fuchs gesichtet ist, dann wäre er nicht mehr in seinem Bau. Ein Widerspruch also. Es folgt eine Litanei von Hundenamen: Ruby, Ranter, Royal, Bellman. Diese haben sich im Laufe der Jahrhunderte nicht sehr verändert.
Das Wort “brush” verweist auf den Fuchsschwanz. Dieser wurde am Ende der Jagd abgeschnitten und demjenigen übergeben, der während der Jagd besonders gut geritten war - eine große Ehre (Anmerkung: Auch in Deutschland erinnern wir uns noch an wehende Fuchsschwänze an der Spitze so mancher Autoantenne, wobei dieses sicherlich künstlich erzeugte Utensilien waren). Wenn bei der Jagd erstmals jüngere Kinder mitreiten durften auf kleinen Ponys, dann wurden nach der Jagd ihre Gesichter mit Fuchsblutgekennzeichnet. Auch dies eine große Ehre.
Aus heutiger Sicht kann es einiges Unbehagen hervorrufen, dieses fröhliche Lied zu singen, bei dem es stellenweise so brutal zugeht, insbesondere in Anbetracht der heutigen Opposition zur Fuchsjagd. Tatsächlich gab es schon immer Menschen, welche die Fuchsjagd als barbarisch bezeichnet haben. Viele wendeten sich gegen die Fuchsjagd, nachdem sie John Masefield’s 1919 Gedicht “Reynard the Fox” gelesen hatten.
Heute trägt die Fuchsjagd eine Menge Ballast mit sich - sozialen, finanziellen und ethischen. Es gibt Argumente auf beiden Seiten, von vernünftig bis dumm, aber es ist immer wichtig, die Gewohnheiten der Gesellschaft zu der Zeit zu berücksichtigen, zu der ein Song entstand. Eine Geisteshaltung, die Bullenhetze, Bärenhetze, Otterjagd akzeptierte und die eine öffentliche Hinrichtung als spaßiges Ausflugsziel für die ganze Familie betrachtete, wäre nicht zimperlich angesichts des Todes eines hundegroßen rostfarbenen Schädlings (Anmerkung: Noch einmal nach Deutschland - das Volkslied "Fuchs, du hast die Gans gestohlen" belegt, dass der Fuchs auch hierzulande über kein besonderes Renommée verfügte und dass er seit jeher als Räuber und Nahrungs-Konkurrent des Menschen gilt, dazu noch als Überträger solch unangenehmer Krankheiten wie der Tollwut).
Es gibt wohl kaum Zweifel, dass eine Horde von Hunden mit vollem Gebell, gefolgt von Jägern zu Pferd und dem "Fußvolk" in einer winterlichen Landschaft ein beeindruckendes Schauspiel waren, wie auch immer man dabei für den Fuchs empfinden mag. Unter diesen Gesichtspunkten sollte man auch “John Peel” verstehen, als das, was es damals war.